Chronologie Arheilgens
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Der Vermutung nach wurde Arheilgen im 5. Jahrhundert von einer Schar Alemannen gegründet, die sich am Ruthsenbach niederließen.
um 1000 wird Araheiligon (Argeilgen) in einem Zinsregister der Abtei Seligenstadt erstmals erwähnt.
1013 Arheilgen kommt als Teil des Königshofes Groß-Gerau an das Bistum Würzburg
Arheilgen ist zweigteilt:
-) Das Unterdorf, westlich des Baches, später mit großer Wallfahrtskirche mit 5 Altären am heutigen Friedhof
-) Das Oberdorf lag östlich des Baches mit einer Kirche am heutigen Platz
1437 Ende der Zweiteilung Arheilgens, Sayn verkauft seine Hoheitsrechte an Katzenelnbogen.
1527 Einsetzung des ersten ev. Pfarrers Heinrich Moter, Einführung der Reformation in Arheilgen
1569 erster schwerer Brand
1618 – 1648 Dreißigjähriger Krieg
1635 zweiter Großbrand, der auch die Kirche betrifft, nur acht oder neun Gebäude wurden verschont
1640 infolge des Krieges leben in Arheilgen nur noch 16 Familien
1850 1000 Arheilger, 30% der Bevölkerung, demonstrieren vor dem Schloss für den Verbleib des Vikars
Daraufhin nennt man die Arheilger „Mucker„
1924 Das Mühlchen wird öffentliches Schwimmbad
1937 Arheilgen nach Darmstadt eingemeindet
1997 Zum Goldenen Löwen saniert und wird ein öffentlichen Gemeinschaftshaus
2011 am 6.8. Streckeneröffnung der Straßenbahnlinie in der neu gestalteten Hauptstraße nach fünf Jahren Bauzeit
5./6. Jahrhundert: Vermutlich wurde Arheilgen in der frühfränkischen Zeit von einer Schar Alemannen gegründet, die sich am Ruthsenbach niederließen.
1000 um diese Zeit wird in einem Zinsregister der Abtei Seligenstadt Araheiligon (Arheilgen) erstmals erwähnt.
1013 Arheilgen kommt als Teil des Königshofes Groß-Gerau an das Bistum Würzburg
12./13. Jahrhundert: Die karolingische Kirche wird durch einen Neubau ersetzt und diese wiederum auch im Jahr 1482
Wer kann mir das Jahr der Gründung des Unterdorfes durch die Münzenberger nennen? Danke für Hilfen.
Arheilgen ist zweigteilt:
-) Das ältere Oberdorf lag östlich des Baches mit einer Kirche am heutigen Platz
1150 die Grafen von Katzenelnbogen erhalten Arheilgen als Lehen
-) Das jüngere Unterdorf, westlich des Baches, ist eine Gründung der Herren von Münzenberg. Es ging 1225 an die Herren von Falkenstein und später an die Grafen von Sayn.
Es war wohlhabender, aufgrund der Rasthöfe, die in Arheilgen an der Handelsstraße nach Frankfurt lagen. Heute: Darmstädter Straße mit dem Anfang der Messeler Straße.
Vermutlich schon vor 1286, sicher jedoch vor 1337 hatte es eine große Wallfahrtskirche mit 5 Altären. Sie stand im heutigen Friedhof.
1405 Erste Erwähnung der Zollstation Arheilgen im Torbau über dem Beginn der heutigen Messeler Straße
1412 offensichtlich war die Wallfahrtskirche nicht unbedeutend, weil der Papst am 2.11. d.J. einen großen Ablassbrief für sie ausstellte.
1437 Ende der der Zweiteilung Arheilgens, Sayn verkauft seine Hoheitsrechte an Katzenelnbogen.
1479 Arheilgen fällt mit der gesamten Obergrafschaft Katzenelnbogen an die Landgrafen von Hessen
1482 Die Dorfkirche wird durch einen spätgotischen Neubau ersetzt.
1527 Heinrich Moterus wird erster lutherischer Pfarrer, Einführung der Reformation in Arheilgen
1527 (vermutlich) Die Wallfahrtskirche wird nach einem Brand abgebrochen
1569 erster schwerer Brand, 280 Gebäude betroffen
1618 Beginn des Dreißigjährigen Krieges
1622 In Arheilgen gibt es 149 Familien
1622 Die Mansfelder zerstören Arheilgen teilweise und die Pest tut ihr Übriges
1635 zweiter Großbrand, der auch die Kirche betrifft, nur acht oder neun Gebäude verschont
1640 infolge des Krieges leben in Arheilgen leben nur noch 16 Familien
1648 Ende des Dreißigjährigen Krieges — Ort und die Feldflur sind zerstört
1650 provisorische Schulstube im notdürftig reparierten Rathaus
1693 Zehntscheuer errichtet
1743 und 1735 sehr große französische Truppenverbände lagern vor Arheilgen und plündern.
französische Truppen belasteten Arheilgen auch in den Folgejahren.
1786 Errichtung des Kirchenschulhauses mit großem Pausenhof, Aborten und Trinkwasser
1809 Beseitigung der Leibeigenschaft
1816 Abschaffung der Frondienste
1822 beschaffte die Gemeinde Feuerleitern und Feuerhaken
Neben dem Ackerbau lebten die Arheilger im 18. und auch im 19. Jh. hauptsächlich vom Durchreiseverkehr auf der Chaussee Frankfurt-DA. Viele Messebesucher stiegen hier, eine Tagesreise von Frankfurt entfernt, ab.
1829 Einweihung des Schulhauses am Ruthsenbach, ein neuer Klassenraum,
1829 erstmals über 1700 Einwohner
1840 neues Rathaus ist fertig, im Erdgeschoss ein weiterer Schulraum, zwei Lehrerwohnungen
1846 Probefahrt von Darmstadt nach Langen auf der neunen Main-Neckar-Bahn
1848 aufblühendes kirchliches Leben durch den Pfarrvikar Otto Kleeberger
In Folge dessen entstanden Kindergarten, Diakoniestation, Posaunenchor und engagierte Kirchenmusik
1850 1000 Arheilger, 30% der Bevölkerung, demonstrieren vor dem Schloss für den Verbleib des Vikars
Daraufhin nennt man die Arheilger „Mucker„
1874 Umbau des Kirchenschulhauses zu seiner heutigen Form mit 4 Schulräumen
1880 „Avemarie-Schulhaus“ mit 4 Schulräumen und zwei Wohnungen für Lehrer
1881 im März: Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Arheilgen
1889 Dampfstraßenbahn nach Darmstadt
1898 Schiller-Schule am Stadtweg, 4 Klassenräume.
1898 Ansiedlung der Firma Schenck in Arheilgen (Heute: Siedlung westlich des Spielplatzes „Im Elsee“)
1899 (ungefähr) über 3000 Einwohner
1904 Hofreite zum Bau der Feuerwehr in der Bachstraße gekauft (heute Kindergarten, wo der alte Feuerwehrturm im Garten steht.)
1904 Firma Merck zieht an der Südrand von Arheilgen
1905 großes Schulgebäude an der Ecke Bernhardstr./ Gute Gartenstr.
1912 Arheilgen kommt an die Darmstädter Wasserleitung und es gibt 122 Straßenlaternen
1914 Schulgebäude mit Uhrturm an der Bernhardstraße, 12 Klassenräume und Schulküche
1914 öffentliches Familienbad und neue Turnhalle eingeweiht
1914 Beginn des ersten Weltkrieges
1918 Ende des ersten Weltkrieges
1924 Das Mühlchen wird öffentliches Schwimmbad
1932 im Juli, Unwetterkatastrophe. Unaufhörliche Regenfälle hatten den Ruthsenbach mit großer Heftigkeit über die Ufer treten lassen, in der Bachstraße sind bis heute noch die Hochwassermarkierungen erkennbar.
1937 Arheilgen nach Darmstadt eingemeindet
1938 am 10.11. wurden die Häuser fast aller noch hier lebenden Juden verwüstet
1939 Beginn des zweiten Weltkrieges
1945 Ende des zweiten Weltkrieges
1969 neue Sporthalle
1989 Abriss der alten Turnhalle und 1990 Neubau im Schulhof
1966 Brüder-Grimm-Schule
1968 Wilhelm-Busch-Schule
1971 Thomas-Mann-Schule
1973 Umzug der Feuerwehr von der Bachstraße in die Unterkunft in der Frankfurter Landstraße 133
1997 Zum Goldenen Löwen saniert und wird ein öffentliches Gemeinschaftshaus
1998 entstand das Baugebiet südlich der Weiterstädter Straße, „Blütenviertel“
2011 am 6.8. Streckeneröffnung der Straßenbahnlinie in der neu gestalteten Hauptstraße nach fünf Jahren Bauzeit
2019 Umzug der Feuerwehr in den Neubau am Nordrand und 2021 Abriss in der Frankfurter Landstr. 133
Über die Geschichte Arheilgens
Andreas Schmidt – Bezirksverwalter (vermutlich um 2000 verfasst)
Unser Arheilgen wurde der Vermutung nach im 5. Jahrhundert von einer Schar Alemannen gegründet, die sich damals am Ruthsenbach niederließen. Erstmals urkundlich erwähnt wird Arheilgen allerdings erst im Jahr 836 in einem Zinsregister der Abtei Seligenstadt.
1479 trat das Landgrafenhaus Hessen die Erbfolge des Geschlechts der ausgestorbenen Grafen von Katzenelnbogen an. Diese hatten zuvor seit 1150 den ältesten Teil Arheilgens, das etwa im Bereich der heutigen Messeler Straße gelegene Oberdorf, als Lehen gehalten.
Arheilgen musste im Jahr 1569 einen schweren Brand überstehen, und zudem noch schwere Verwüstungen während des Dreißigjährigen Krieges. Im 18. Jahrhundert wurde der Ort wieder aufgebaut.
Die 1898 erfolgte Ansiedlung der Firma Schenck mit einem Zweigwerk am Arheilger Bahnhof prägte Arheilgen, das zuvor von der Landwirtschaft dominiert war, ebenso wie die Reichsbahn mit ihrem Kranichsteiner Betriebswerk und dem dazugehörigen Güterbahnhof. Dies gilt noch immer bis heute; vor allem aber auch für die ab 1903 erfolgte Niederlassung der Firma Merck am südlichen Ortsrand, mit der auch die Ansiedlung von den dort neu beschäftigten Arbeitnehmern einherging.
1937 wurde Arheilgen nach Darmstadt eingemeindet – eine in der Bevölkerung Arheilgens, die nicht gefragt wurde, durchaus kontrovers aufgenommene Maßnahme.
Von den Bombenangriffen des 2. Weltkrieges blieb der Ort glücklicherweise weitgehend verschont.
Nach Ende des Krieges, etwa zum Ende der vierziger Jahre hin, setzte die weitere Bevölkerungsentwicklung in Arheilgen ein. Es entstand u. a. die „Fritz-Wernath-Siedlung“; der dann in den sechziger Jahren der Einwohnerzuwachs im Südosten Arheilgen folgte und schließlich seine Weiterentwicklung in der Bevölkerungsausdehnung im Westen in Richtung der Main-Neckar-Bahn in den siebziger Jahren fand.
Über die Bahnstrecke hinweg erwies sich als wichtiger Impuls für den „Arheilger Arbeitsmarkt“ das dort im Westen gelegene Gewerbegebiet an der Weiterstädter Landstraße, das Mitte der siebziger Jahre entstand und bis zum heutigen Tag stetig gewachsen ist.
Wirtschaftlich ist Arheilgen neben den bereits genannten Wirtschaftsgrößen von kleinem und mittlerem Gewerbe und allerlei Handwerksbetrieben geprägt. Die an der Weltspitze der Forschung in ihrem Bereich agierende Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) gilt aufgrund der räumlichen Nähe und der Verkehrsanbindung zu Recht als eng verbunden mit Wixhausen; stolze Arheilger begründen ergänzend ihrerseits ihre Verbindung mit der GSI mit ebensolchem Recht damit, dass diese auf Arheilger Gemarkung steht und auch auf dieser Arheilger Gemarkung in naher Zukunft erweitert und ausgebaut wird.
1998 entstand das Baugebiet südlich der Weiterstädter Straße am neuen Bahndamm gelegen – und damit auch in unmittelbarer Nähe zu dem neuen S-Bahnhof, der Arheilgen mit dem gesamten Rhein-Main-Gebiet verbindet.
Die Nähe zum Frankfurter Flughafen ist zwar ein wirtschaftlicher Standortvorteil, dessen Preis jedoch für die Arheilger und Wixhäuser Bürgerschaft mit einer extremen Fluglärmbelastung, die um ein vielfaches höher ist als für die Bürger der südlicheren Stadtteile Darmstadts, als zu hoch angesehen werden muss. Besonders unbefriedigend an dieser extremen Lärmbelastung für die Menschen in Darmstadts Norden ist, dass diese Einschränkung der Lebensqualität aus heutiger Sicht und Stand der Dinge aller Wahrscheinlichkeit nicht abnehmen wird.
Sehr positiv gestaltet sich seit jeher das Freizeitangebot in Arheilgen mit seinem traditionellen Naturschwimmbad „Arheilger Mühlchen“, seinen vielen Sportmöglichkeiten und Spielplätzen und seinen unterschiedlichen gastronomischen Angeboten. Die Arheilger Vereinswelt mit ihren insgesamt 51 Vereinen trägt ebenfalls zu diesem tollen Freizeitangebot
ihren Teil bei.
Nördlich des zuletzt genannten Neubaugebiets ist vor einem Jahr auf dem ehemaligen „Schenck-Gelände“ ein weiteres neues Wohngebiet, der „Glockengarten“ entstanden, ebenso wie davor im Osten Arheilgens das letzte neu erschlossene Wohngebiet in Arheilgen, der „Schlägelsgraben“.
In der Ortsmitte steht das markante Gebäude des Arheilger Bürgerzentrums „Zum Goldnen Löwen“. Nach einem Brand im Jahre 1980 und nachfolgendem Leerstand steht das 1996/1997 sanierte Gebäude heute unter anderem örtlichen Vereinen für kulturelle Veranstaltungen und den Arheilger Bürgern für die unterschiedlichsten Feierlichkeiten zur Verfügung. In der warmen Jahreszeit steht eine große Terrasse davor als Entspannungsoase bereit, von der aus das geschäftige Treiben im sich z.Zt. in der Sanierung befindenden Arheilger Ortskern zukünftig gut beobachtet werden kann.
Ein hervorgehobenes Projekt der Stadtsanierung ist die Neugestaltung des Ruthsenbachs inklusive Bachstraße zwischen der Rückenmühle und der Messeler Straße, die das Bild des Arheilger Ortskerns neu geprägt hat – vier Absenkungen im Uferbereich etwa machen den Bachlauf zugänglich und erlebbar. Das Bachbett ist durch eine mäandrierende Niedrigwasserrinne, Störsteine an der Bachsohle und standortgerechte Pflanzmaßnahmen gestaltet worden. In der Unteren Mühlstraße wurde der hier zuvor komplett verrohrte Bach freigelegt. Das Wegenetz zum Grünzug Ruthsenbach wird durch einen Weg und eine Fußgängerbrücke an der Rückenmühle ergänzt. Letztere ist ebenfalls saniert worden.
Nachtrag von Helmut W. Diedrichs (Webmaster): Unter dem Motto „Neue Wege für Arheilgen“ wurde die Frankfurter Landstraße, unsere Hauptstraße vollkommen neu gestaltet. Die 5-jährige Bauzeit von 20.6.2009 bis 6.8. 2011 war intensiv und belastete insbesondere die Geschäfte, weil sie nur eingeschränkt zugänglich waren. Am Samstag, dem 6.8. 2011 feierten die Arheilger die Streckeneröffnung der Straßenbahnlinie, die nach fünf Jahren Bauzeit nun erfolgreich eingeweiht werden konnte. Viele Gäste besuchten das Fest, der Andrang vor den Verkaufsständen der Vereine, dem Infomobil der HEAG mobilo und bei der Kinderanimation war groß. Nach den Reden von Baudezernentin Brigitte Lindscheid, Geschäftsführer der HEAG mobilo GmbH Matthias Kalbfuß, Gewerbevereinsvorsitzenden Bernd Wiegmann und Dieter Wenzel Baudezernent a.D. wurde auf dem Festgelände fröhlich weitergefeiert.
Vortrag von Prof. Helmut Castritius zum Thema „Von den Ganzheiligen zu den Muckern“ anlässlich der 1. Mitgliederversammlung |
Arheilger Identitäten: Von den „Ganzheiligen“ zu den „Muckern“
Im Rahmen der ersten Jahreshauptversammlung des Arheilger Geschichtsvereins am 11. Juni 2008 sprach der Arheilger Dr. Helmut Castritius, zuletzt Geschichtsprofessor an der TU Braunschweig, unter dem Motto „Wer das Eigene nicht kennt und pflegt, wird das Fremde nicht verstehen“ über einige Besonderheiten der Geschichte Arheilgens:
1. Im Zusammenhang des 2011 bevorstehenden Ortsjubiläums (1175 Jahre) über die urkundliche Ersterwähnung des Ortes (häufig verwechselt mit dem Gründungsdatum)
2. Zur Sinndeutung des Ortsnamens mit den daraus sich ergebenden Erkenntnismöglichkeiten für das Alter des Ortes und
3. Zur Herkunft und Bedeutung des Spottnamens „Mucker“ für die Arheilger.
1. In einem Zinsregister der Abtei Seligenstadt wird Arheilgen in der Form „Araheiligon“ erstmals erwähnt. Die Niederschrift dieses Registers gehört in das späte 10. oder das beginnende 11. Jahrhundert, damals hat der Ort also bereits bestanden. Wie alt er wirklich ist, ist daraus nicht zu entnehmen. Der Versuch, das Zinsregister in die Jahre um 836 (Klostergründung Seligenstadts) zu datieren, ist von Stadtarchivar Dr. Engels stringent widerlegt worden.
Fazit: Für 836 ist die Ersterwähnung nicht gesichert, aber um 1000 hat Arheilgen jedenfalls existiert.
2. Es herrscht mittlerweile in der Forschung Konsens darüber, dass es sich bei Arheilgen/Araheiligon um einen zweigliedrigen Ortsnamen handelt, dessen Struktur gegenüber den gängigen Ortsnamen jedoch völlig herausfällt. Üblicherweise sind die Ortsnamen aus einem Personennamen (Erstglied) und mit –bach,-hofen,-hausen,-stadt/stett/stetten usw. oder mit –ingen (vgl. Bessungen, Sprendlingen, usw.) im Zweitglied gebildet. So entstand etwa Darmstadt aus Dar(i)mundes-stat, d.h. die „Stätte des Darimund“, und Sigmaringen bedeutet „bei den Leuten des Sigmar“ (vgl. auch Bessungen, Sprendlingen und weitere –ingen-Orte). Völkisch-nationalistischen Anschauungen verpflichtet meinte man vor allem in der Nazi-Zeit, alle Ortsnamen müssten aus dem Germanischen abgeleitet werden, und leitete Araheiligon von einem angeblichen Personennamen Araheil ab, der jedoch trotz einer großen Fülle überlieferter germanischen Personennamen nirgends belegt ist (Araheil ist ein reines Konstrukt, das aber leider immer einmal wieder von völlig unverdächtigen Personen als Grundlage des Ortsnamens verkündet wird.). Richtig ist hingegen – und langsam zeichnet sich hier ein Konsens ab -, dass das Zweitglied –heiligon (ein Dativ Plural) nichts anderes bedeutet als wir heute noch zu verstehen meinen: „bei den Heiligen“. Das Erstglied Ar(a)- macht hingegen mehr Schwierigkeiten, mit Aar (Adler) kann es aus verschiedenen Gründen nichts zu tun haben, andere jüngst angestellte Überlegungen lassen sich aus Gründen der sprachlichen Entwicklung vom Germanischen zum Althochdeutschen ebenfalls nicht halten. Es bleibt der Vorschlag, das Ar- des Erstglieds im Ortsnamen durch einen sprachlichen Prozess, den man Entähnlichung nennt, zu erklären: Dadurch wäre aus al- (ala-) ar- geworden und hätte in Verbindung mit „heilig“ die Bedeutung „bei den Ganzheiligen“. Ausgangspunkt und Grundlage einer solchen Benennung wäre dann die Stätte eines besonders heiligen Geschehens, der man bei der Ortsgründung Rechnung getragen hätte.
Das „heilig“ im Zweitglied des Ortsnamens enthält allerdings einen Hinweis auf die Zeit der Entstehung des Ortsnamens Arheilgen. „heilig, heilag“ war ein klassisches Wort der angelsächsischen Mission und verdrängte erst im Laufe des 7. bzw. 8. Jahrhunderts das althochdeutsche „wih“, das uns heute noch in Weihnachten = “Heilige Nacht“, in Weihrauch und in Ortsnamen wie Weihenstephan begegnet. Das Kilianspatrozinium – Kilian war ein angelsächsischer Missionar des frühen 7. Jahrhunderts – der Arheilger Kirche könnte die Erinnerung daran festgehalten haben.
Fazit: Gründung und Namengebung von Arheilgen hängen mit dem Erfolg der angelsächsischen Mission und einem damit verbundenem wichtigen Ereignis zusammen, über das keine Überlieferung mehr vorhanden ist. Um das Jahr 1000 erstmals erwähnt, verweist die Namengebung auf eine Gründung im 7., eher im 8. Jahrhundert zurück, wird es doch einige Zeit gedauert haben, bis sich „heilig“ gegenüber „wih“ im Althochdeutschen durchsetzte.
3. Über „Mucker“ als Spottname oder Unname der Arheilger hat Wilhelm Andres in“ Alt-Arheilgen“ 1978 Schönes und Richtiges geschrieben. Ihn interessierte allerdings wohl nicht, welche weltweite kirchliche Gemeinschaft sich in diesem Begriff widerspiegelt. Es handelt sich nämlich ursprünglich um eine Fremdbezeichnung seitens der Nachbarn der „Oarhelljer“, die sich die so Benannten mittlerweile längst selbst angeeignet haben (vgl. „Muckercards“, „Mucker-Haus“, „Muckerbar“). Der Spottname wurde damit ein wichtiger Teil der Arheilger Identität, wie wir das ja auch bei den Darmstädter „Heinern“ und den Bessunger „Lapping“ kennen.
Man glaubt auch, das Wort zu verstehen, indem man an umgangssprachlich „aufmucken“ denkt. Der Sinn ist aber ein ganz anderer. Der Begriff „Mucker“ gehört in ein ganz spezifisches historisch-religiöses Umfeld, was sich exakt nachweisen lässt.
Mucker ist nämlich seit der Zeit um 1700 als studentisches Sprichwort für die Pietisten besonders in Halle im Sinne von Frömmler, Duckmäuser, Griesgram, bigotte Menschen nachgewiesen und wanderte von da zu den Anhängern der letzten großen evangelischen Massenbewegung, die Erweckung genannt wurde und die sich zu einer weltweiten Bewegung – Awakening, Revival, Réveil – vor allem im 19. Jahrhundert auswuchs. Den „Erweckten“ ging es um die Wiederbelebung des alten pietistischen Frömmigkeitsideals, um die Rückkehr zu einem nicht den Verstand, sondern Gefühl und Seele ansprechenden strikten und einfachen Bibelglauben. Die „Erweckung“ verstand sich als Reaktion und Abkehr von Aufklärung und sog. theologisch-kirchlichen Rationalismus, der – auf den Punkt gebracht – Glaube und verstand in Einklang bringen, versöhnen wollte. Mit diesem neuen, man könnte auch sagen rückwärtsgewandten theologischen Ansatz kamen die Arheilger 1848/49 durch den Pfarrvikar Otto Kleeberger in Berührung, dessen Bemühungen in kürzester Zeit unter dem Arheilger Kirchenvolk einen durchschlagenden Erfolg zeitigte. Als Kleeberger abgelöst werden sollte, demonstrierte 1850 fast die gesamte Dorfbevölkerung vor dem Residenzschloß in Darmstadt und erreichte immerhin, dass dem Ortspfarrer Krauß regelmäßig ein Pfarrvikar gleicher Ausrichtung an die Seite gestellt wurde. Für die Bevölkerung der Nachbarorte blieb diese religiöse Einkehr der Arheilger, die uns in sehr lebendigen Stimmungsbildern aus dieser Zeit geschildert wird und die zudem eine Reihe segensreicher Einrichtungen hervorbrachte, recht unverständlich. Ihre Reaktion brachte sie mit dem negativ imprägnierten Spottwort „Mucker“ auf den Punkt, konnte aber nicht verhindern, dass die sich Arheilger diese Bezeichnung selbst zu eigen und zu einem wesentlichen Teil ihrer Identität machten.
Fazit: Mucker wurde aus einer pejorativ gemeinten Fremdbezeichnung zu einer positiv aufgeladenen Selbstbezeichnung mit Fernwirkung bis auf den heutigen Tag.
ArheilgenArheilgen – in der Form Araheiligon – wird in einem Zinsregister der Abtei Seligenstadt, das um das Jahr 1000 niedergeschrieben wurde, erstmals erwähnt. Die Auffassung, dieses Zinsregister sei in der Zeit der Abteigründung um 836 entstanden, ist mit guten Argumenten widerlegt worden. Wie alt Arheilgen wirklich ist, kann lediglich aus dem Ortsnamen annäherungsweise erschlossen werden. Das Zweitglied des Ortsnamens –„heilig“ – verweist in die Epoche der angelsächsischen Mission im großfränkischen Reich und löste im Althochdeutschen das Wort „wih“ – heute noch erhalten in „Weihnachten“ und „Weihrauch“ – ab. Das Erstglied des Ortsnamens lässt sich am besten auf Althochdeutsch „al(a)“ = „ganz, vollkommen“ zurückführen, die Kombination von Erst- und Zweitglied ergibt die Bedeutung „bei den Ganzheiligen“. Der Ort empfing anscheinend seinen Namen auf Grund eines ganz besonderen heiligen Geschehens, von dem sich in der Überlieferung allerdings keine Spuren erhalten haben. Aus diesen vor allem sprachwissenschaftlichen Gründen liegt es nahe, die Ortsgründung etwa im späten 8. Jahrhundert anzusetzen, als die angelsächsische Mission erfolgreich zum Abschluss kam. Das Kilianspatrozinium bzw. der dem Hl. Kilian geweihte Altar in der Kirche im Dorf dürfte auf diese Periode verweisen. Auch das erstmals für 1636 überlieferte Gerichtssiegel führte den Heiligen Kilian an zentraler Stelle. Den ältesten Siedlungskern bildete das Oberdorf an der heutigen Messeler Straße bis etwa zur Geißengasse und rund um die ursprünglich karolingische Kirche, die im 12. oder 13. Jh. einen Nachfolgebau erhielt, der seinerseits 1482 durch einen spätgotischen Neubau ersetzt wurde.
Die Feldflur war nach 1648 zum größten Teil zerstört oder verwildert, ein geordneter Viehtrieb nicht mehr möglich. Um Arheilgen herum lagen ausgedehnte Weingärten, vor dem Krieg einer der Hauptwirtschaftszweige der Arheilger Bauern. Nach der langen Kriegszeit fristete der Weinbau jedoch nur noch ein kümmerliches Dasein und wurde bald aufgegeben. Neben dem Weinbau und dem Anbau von Feldfrüchten zogen die Arheilger erheblichen Nutzen aus ihrem Waldbesitz, den sie zur Gewinnung von Bau- und Brennholz und als Weide für Schweine, Kühe e. Pferde und Schafe nutzten. Die Waldvernichtung vor allem des 16. Jh.s wurde von der Regierung Georgs I. gestoppt, indem er die Waldnutzung einschränkte und statt der abgeholzten Eichen- und Buchenbestände, vor allem im Westen in der Täubcheshöhle, schnell wachsende Kiefern und Fichten einsäte. Die neuen Wälder wurden jedoch in Hege gelegt, standen damit den Bauern nicht mehr zur Verfügung. Zu Beginn des 18. Jh.s wurden weitere Stücke der Arheilger Feldgemarkung im Oberwald und in der Täubcheshöhle mit Nadelholzsamen eingesät und dadurch der Nutzung durch die Gemeinde entzogen. Eine weitere einschneidende Beschränkung ihrer bäuerlichen Rechte erlebten die Bewohner Arheilgens durch die zu Beginn des 18. Jh.s eingeführte Parforcejagd. Statt ihre Felder zu bestellen, hatten die Bauern tagelang in Jagdfron bei Parforce- und Saujagden zu helfen. Als die Belastungen in den Jahren nach 1720 unerträglich wurden, zogen ab 1723 einige Familien aus A. weg nach Ungarn, um dort als Kolonisten einen Neubeginn zu wagen. Erst mit dem endgültigen Ende der Parforcejagd nach dem Tod Ludwigs VIII. 1768 fielen die enormen Belastungen durch die Jagd weg, weil Flurschäden und Jagdfronden aufhörten und das überhand nehmende Wild abgeschossen werden durfte.
Dem Ende der Napoleonischen Kriege, die eine längere Zeit des Friedens brachten, folgten für Arheilgen einschneidende politische und administrative Veränderungen: Die überfällige Reform der altertümlichen Agrarverfassung mit ihren drückenden Natural- und Geldlasten brachte vielfältige Erleichterungen. Der Beseitigung der Leibeigenschaft im Jahr 1809 folgte 1816 die ersatzlose Abschaffung aller Frondienste. 1836 schließlich wurden alle noch vorhandenen Zehntabgaben und sonstigen Fruchtzinsen, Martinsgänse und Rauchhühner, die an die Gemeinde, an Pfarreien, Hospitäler und sonstige Begünstigte entrichtet wurden, entweder in Geldabgaben umgewandelt oder abgelöst. Die Gemeindereform von 1821 stellte den Beginn der kommunalen Selbstverwaltung dar. Das Amt des Schultheißen wurde durch den vom neuen Gemeinderat gewählten Bürgermeister ersetzt.
Die nächsten Jahre waren gekennzeichnet durch Mangel an Lebensmitteln und Versorgungsgütern und eine rasch fortschreitende Geldentwertung. Die Zeit des Volksstaats Hessen bedeutete für Arheilgen zunächst die teilweise französische Besetzung. Die Grenze der französischen Besatzungszone des Brückenkopfs Mainz lief mitten durch den Ort und erschwerte den Kontakt zwischen den Ortsteilen. 1923 kam es zum Versuch, das besetzte Gebiet in einen selbstständigen, von Frankreich beherrschten Pufferstaat zu verwandeln. Im Oktober 1923 besetzten Befürworter dieser Neugliederung, so genannte Separatisten, das Rathaus, wurden aber von den Arheilgern nach ein paar Tagen vertrieben.
Auszug aus: |
Oarhelljer Lied | ||
Nach der Melodie: “ Ein freies Leben“ | ||
1. | Oarhellje an dem Ruthsenbach das ist mein Heimatland. Ja, am Seebach und am Ruthsenbach, da wohnt ein ganz besonderer Schlag, die Oarhelljer genannt. | |
2. | Und wer ein richtiger Oarhelljer ist, geht in die Deiwelshell. Und dort am Storkebrünnche genießt er manches Stündche, da sitzt er an der Quell. | |
3. | Und wer ein bißchen weiter will, der geht nach Kranichstein. Oder er nimmt sein´n Drahtesel und fährt damit nach Messel zu Käs und Äppelwein. | |
4. | Und wer nicht mehr so weit kann gehn, der laaft bis an die Ranch. Oder er geht nuff uffs Mühlche und macht dort froh sein Spielche und fühlt sich als ein Mensch. | |
5. | Und wem auch das dann ist zu weit, der braucht nicht traurig sein. Am Löweneck, am Dalles, da sieht und hört er alles, da ist er nie allein. | |
6. | Darum bleibt auch Oarhellje stets mein liebes Heimatland. Dann am Seebach und am Ruthsenbach da wohnt ein ganz besonderer Schlag, die Oarhelljer genannt. | |
(Wilhelm Andres) | ||