Auszug Gebäude, Orte und Ereignisse in Arheilgen
- „Oarhelljer Köpp“ 3. Teilvon Jürgen Hein-Benz
Der Arheilger Geschichtsvereins erinnert 85 Jahre nach dem Novemberpogrome 1938 stellvertretend für alle anderen Opfer der Nazi-Herrschaft an die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger Johanna Reinhardt, Dora Stern und die Familie Wechsler
Novemberpogrome 1938
Aaron Reinhardt, der Verleger des Arheilger Anzeigers, mit seiner Tochter Johanna Reinhardt lebten in der Großen Obergasse. Das Foto zeigt sie Anfang der 30iger Jahre Sie wurden im November 1938 Opfer der Nazi-Gewalt. Foto: AGV.
Ein weiteres Opfer des Novemberpogroms war Dora Stern (links). Hier mit ihrer Cousine Emma Adler. Dora Stern führte einen kleinen Kolonialwarenladen mit einem Café in der Großen Hundsgasse 9. Die Arheilger nannten es „Kaffeehaus Dort’che“ Foto: AGV.
Vor 85 Jahren brannten in der Nacht vom 9. auf den 10. November die Synagogen in Deutschland. In einer geplanten Aktion drangsalierten, misshandelten und töteten sogenannte Vertrauenspersonen der NSDAP, vor allem aus der Schlägerbande der SA, jüdische Menschen. Die Gotteshäuser wurden zerstört, ihre Geschäfte und Wohnungen in großer Zahl verwüstet.
In Arheilgen schlugen die Nazis am 10. November zu. Mit Äxten und Beilen wüteten sie in der Felchesgasse im Haus der Familie Wechsler. Dort wohnten die Angehörigen von Heinrich Wechsler, den ein SA-Mann bereits im März 1933 in den Tod getrieben hatte. In der benachbarten Obergasse lebte der langjährige Verleger des Arheilger Anzeigers, Aaron Reinhardt mit seiner 32jährigen Tochter Johanna. Arheilger SA-Männer drangen in die Wohnräume im ersten Obergeschoss des Hauses ein und überraschten die Reinhardts im Schlaf. Aus Furcht vor den Gewalttätern sprang Johanna aus dem Fenster der Wohnung. Hilfe aus der Nachbarschaft kam nur von Pfarrer Grein, der um die Ecke im Pfarrhaus wohnte. Was niemand sich traute: Er veranlasste die Überführung Johannas in ein Krankenhaus. Johanna Reinhardt starb zwei Tage später an ihren Verletzungen, ihr Vater nahm sich im Dezember des Jahres das Leben.
Noch ein weiteres Opfer fand der Terror des 10. Novembers in Arheilgen: Randalierer zertrümmerten mit Steinen die Scheiben des kleinen Ladens und Cafés, das Dora Stern in der Großen Hundsgasse (heute: Nach dem Wieschen Nr. 9) betrieb. Dora Stern wurde am Kopf getroffen und starb ebenfalls zwei Tage später an den Folgen der Verletzung.
Heute erinnern Stolpersteine vor den ehemaligen Wohnorten an diese Opfer des Novemberpogroms. Die Große Obergasse wurde zur Mahnung vor Antisemitismus, Rassenwahn und Fremdenfeindlichkeit in Aaron-Reinhardt-Straße umbenannt. Und die Warnung Berthold Brechts ist aktuelle denn je: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“
- Fotos und Mundart aus „Oarhellje“von Jürgen Hein-Benz
Georg Lücker war der erste „Kerwevadder“ der Oarhelljer Mucker nach dem 2.Weltkrieg. Hier 1947 stolz zu Ross in einer Aufnahme im Hof des Gasthauses Goldener Löwe. Dieser wurde später zugunsten der HEAG-Straßenbahnschleife abgerissenen und ist heute nach der Verlegung der Straßenbahn bis zum Ortsrand Teil des Edeka-Parkplatzes. Foto: AGV.
Warum werden die Arheilger eigentlich Mucker genannt? Wie hat sich das Dorf am Ruthsenbach in den letzten 120 Jahren verändert? Wo standen früher überall Gasthäuser? Welche Geschichten und Gedichte sind in Oarhelljer Mundart erhalten geblieben?
Einige Antworten auf diese Fragen erhalten die Besucher der Kerb-Veranstaltung am 6. November von 17 bis 18 Uhr im Löwen (1.Stock). Der Arheilger Geschichtsverein zeigt historische Fotos aus seinem Archiv, liest Geschichten und Gedichte von Georg Benz, dem „Oarhelljer Liesje“ und von Hermann Benz und wird das Rätsel um die Mucker lösen.